Ja, Sie dürfen auch während einer Krankheit gekündigt werden – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Entgegen eines weitverbreiteten Irrtums schützt eine Arbeitsunfähigkeit nicht grundsätzlich vor einer Kündigung. Entscheidend ist nicht der Zeitpunkt der Erkrankung, sondern ob die Kündigung arbeitsrechtlich wirksam und sozial gerechtfertigt ist. Das regelt unter anderem § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).
Zunächst einmal: Eine Kündigung während einer Krankheit ist nicht automatisch unwirksam. Auch kranke Arbeitnehmer:innen können – wie alle anderen – eine ordentliche oder in Ausnahmefällen sogar eine außerordentliche Kündigung erhalten. Wichtig ist lediglich, dass die Kündigung nicht gerade wegen der Krankheit erfolgt, sondern auf einem zulässigen Grund beruht.
Vor allem zwei Kündigungsarten kommen hier infrage:
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Ordentliche personenbedingte Kündigung wegen Krankheit:
Diese ist zulässig, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger andauert oder regelmäßig wiederkehrt und dadurch die betriebliche Organisation erheblich beeinträchtigt wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine krankheitsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn:-
eine negative Gesundheitsprognose vorliegt,
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es zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Belastungen kommt (z. B. hohe Entgeltfortzahlungskosten),
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und keine mildere Maßnahme (z. B. Versetzung) möglich ist.
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Verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Kündigung trotz Krankheit:
Auch diese Formen sind zulässig, wenn der Kündigungsgrund nicht mit der Krankheit zusammenhängt. Beispielsweise kann eine betriebsbedingte Kündigung aufgrund von Stellenabbau auch während einer Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen werden.
Wichtig: Der Arbeitgeber muss stets prüfen, ob ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) angeboten wurde (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Zwar ist ein fehlendes BEM allein kein Unwirksamkeitsgrund, kann aber bei der gerichtlichen Überprüfung der Kündigung negativ für den Arbeitgeber gewertet werden.
Ein Beispiel: Sie sind seit neun Monaten durchgehend krank und es ist nicht absehbar, wann Sie wieder arbeitsfähig sein werden. Ihr Arbeitgeber kann in einem solchen Fall unter bestimmten Voraussetzungen eine personenbedingte Kündigung aussprechen – insbesondere dann, wenn alle Optionen zur Weiterbeschäftigung geprüft wurden und keine Alternative besteht.
Fazit:
Eine Kündigung während der Krankheit ist grundsätzlich erlaubt, aber nur dann wirksam, wenn sie den Anforderungen an eine sozial gerechtfertigte Kündigung genügt. Sie sollten eine solche Kündigung nicht ungeprüft hinnehmen. Vor allem in Fällen langwieriger oder wiederkehrender Erkrankungen sind die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage häufig gut – insbesondere, wenn der Arbeitgeber die Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung nicht konkret darlegen kann.
Gerne berate ich Sie dazu eingehend, ob Ihre Kündigung im Krankheitsfall rechtlich haltbar ist und ob sich ein gerichtliches Vorgehen für Sie lohnt. Bitte beachten Sie: Auch hier gilt die 3-Wochen-Frist für die Klage (§ 4 KSchG). Reagieren Sie deshalb zügig.