Ja, Sie haben als Arbeitnehmer:in grundsätzlich einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Dieser ergibt sich aus § 109 Gewerbeordnung (GewO). Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen – auf Wunsch auch in qualifizierter Form.
Ein einfaches Arbeitszeugnis enthält lediglich Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung. Das qualifizierte Zeugnis hingegen geht darüber hinaus: Es bewertet zusätzlich Ihre Leistung und Ihr Verhalten im Arbeitsverhältnis. Für die meisten beruflichen Bewerbungen ist ein qualifiziertes Zeugnis der maßgebliche Standard, da es potenziellen Arbeitgebern ein umfassenderes Bild Ihrer Tätigkeit und Ihres professionellen Auftretens vermittelt.
Der Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis besteht unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis durch Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Zeitablauf endet. Auch nach kurzer Beschäftigungsdauer – etwa bereits nach einigen Wochen – kann ein Zeugnis verlangt werden, sofern das Arbeitsverhältnis beendet ist und es nicht lediglich ein einmaliger, kurzer Einsatz war.
Inhaltlich muss das Zeugnis wahrheitsgemäß und zugleich wohlwollend formuliert sein. Es darf Ihre weitere berufliche Entwicklung nicht ungerechtfertigt behindern, was in der Praxis häufig zu rechtlichen Auseinandersetzungen führt – etwa bei „versteckten negativen Formulierungen“ oder nicht gerechtfertigten Bewertungen. Arbeitgeber sind verpflichtet, objektiv, verständlich und eindeutig zu formulieren.
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis umfasst in der Regel:
- Ihre Positionsbezeichnung und den Zeitraum Ihrer Beschäftigung
- eine Aufzählung Ihrer Aufgaben und Verantwortungsbereiche
- eine Beurteilung Ihrer Arbeitsweise, Zuverlässigkeit, Fachkenntnisse und Belastbarkeit
- eine Bewertung Ihres Verhaltens gegenüber Vorgesetzten, Kolleg:innen und ggf. Kund:innen
- eine Schlussformel, die Dank und gute Wünsche enthalten kann (aber nicht muss)
Beispiel: Wenn Sie über Jahre hinweg zuverlässig gearbeitet, Führungsverantwortung übernommen und stets gute Rückmeldungen erhalten haben, sollte sich dies im Zeugnis auch durch entsprechende Formulierungen wie „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ oder „besonders engagiert und fachlich versiert“ widerspiegeln. Fehlt eine solche Aussage oder ist das Zeugnis auffällig neutral gehalten, kann dies von Personalverantwortlichen als versteckte Kritik interpretiert werden.
Bitte beachten Sie: Ein fehlerhaftes oder unvollständiges Arbeitszeugnis kann Sie bei späteren Bewerbungen erheblich benachteiligen. Sollten Sie Zweifel an der Richtigkeit oder Angemessenheit Ihres Zeugnisses haben, sollten Sie nicht zögern, es juristisch prüfen zu lassen – gerne berate ich Sie dazu eingehend und setze Ihre berechtigten Ansprüche nötigenfalls durch.